Auf einem Treffen mit Investoren in Singapur Ende Februar 2017 informierten Topmanager des russischen Gaskonzerns Gazprom, welche Exportziele für sie ganz oben auf der Agenda stehen. „Europa war, ist und bleibt für Gazprom der wichtigste Markt“, unterstrich Vizevorstand Alexander Medwedew. Hierfür plant sein Unternehmen gleich zwei große Pipeline-Projekte. Erst kürzlich im Februar beauftragte die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 die Schweizer Allseas-Gruppe, von 2018 bis 2019 zwei neue Leitungsträge in der Ostsee zu verlegen, so dass sich die jährliche Transportkapazität dort auf 110 Milliarden Kubikmeter Gas verdoppelt. Auch für die zwei 900 Kilometer langen Leitungsstränge der Turkish-Stream-Pipeline im Schwarzen Meer erhielten die Schweizer den Zuschlag. Bis 2019 sollen sie mit einer Transportkapazität von je 15,75 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr verlegt sein. Der Start der Verlegearbeiten ist für die zweite Jahreshälfte 2017 geplant. Ist ein Leitungsstrang für die Belieferung des türkischen Marktes vorgesehen, soll der zweite Leitungsstrang vom westlichen Bosporus bis an die griechische Grenze für den Weitertransport nach Europa fortgeführt werden.
LNG-Ausbau auch für neue Exportziele
Auch das Flüssigerdgas-LNG-Geschäft soll ausgebaut werden, um Exportziele in Europa, Asien und Südamerika anzusteuern. Das geht aus der Präsentation von Gazprom-Vorstandsmitglied Oleg Aksjutin hervor. Demnach steht immer noch die Installation der dritten Produktionslinie im LNG-Werk auf der Pazifikinsel Sakhalin aus. Es verfügt aktuell über zwei Produktionslinien, die im Jahr zusammen rund 10 Millionen Tonnen LNG herstellen können. Am Betreiber Sakhalin Energy hält Gazprom mit 50 Prozent und einer Aktie die Mehrheit. Der britisch-holländische Öl- und Gasmulti Shell ist mit 27,5 Prozent beteiligt. Die beiden japanischen Unternehmen Mitsui und Mitsubishi haben 12,5 und 10 Prozent inne. Mit Shell plant Gazprom, in Ust-Luga an der Ostsee das Werk Baltic LNG mit einer Produktionskapazität von 10 Millionen Tonnen im Jahr zu errichten, so dass sich die LNG-Produktionsleistung in Russland auf gute 15 Millionen Tonnen LNG erhöht. Von Sakhalin aus sollen laut Aksjutin die asiatischen Märkte und künftig Indien bedient werden. Von der Ostsee sollen LNG-Tanker Kurs auf europäische Länder bis nach Indien nehmen und ebenso Transporte nach Südamerika durchführen.
Großabnehmer China im Visier
Besonderes Augenmerk liegt bei alledem auf dem künftigen Großabnehmer China. Frühestens im Mai 2019 und spätestens im Mai 2021 ist geplant, die Gasexporte von den ostsibirischen Gasfeldern Tschajandinskoje und Kowyktinskoje nach China über die Gasleitung Kraft Sibiriens aufzunehmen. Seit dem Baustart von Kraft Sibiriens im Jahr 2014 wurden nach Angaben in Aksjutins Präsentation bis Februar 2017 von den 3000 Kilometer Pipeline 490 Kilometer verlegt und fast 700 Kilometer Rohrlänge geschweißt. Jährlich 38 Milliarden Kubikmeter Gas sind im Vertrag mit dreißigjähriger Laufzeit über diese Transportroute für China vereinbart. Die Gespräche zur Gasleitung Kraft Sibiriens 2, über die China mit Gas von westsibirischen Gasfeldern versorgt werden soll, stockten aufgrund von laufenden Anpassungen in der chinesischen Wirtschaft und Gasindustrie, gestand Medwedew Medienberichten zufolge. Doch sei er zuversichtlich, dass dieses Projekt für beide Seiten Vorteile bringe.