Die Einigung zwischen dem russischen Gaskonzern Gazprom und der Europäischen Kommission stärkt die weitere Liberalisierung des EU-Gasmarktes, stellten Experten vom Beratungsunternehmen Arthur D. Little in zwei aktuellen Studien fest. Diese zwei Studien legten sie am 19. September 2018 vor. Sie analysieren die Vorschläge der EU-Kommission zur Erweiterung der Nutzung von Pipelines aus Drittländern analysieren, die Gas in die EU liefern. „Die Analyse stellte fest, dass das jüngste Abkommen zwischen der Europäischen Kommission und Gazprom eine Abänderung der bestehenden Gasmarkt-Direktive überflüssig macht. Die geplanten Änderungen der Direktive verfehlen voraussichtlich sogar ihre Ziele in Bezug auf die Erhöhung des Wettbewerbs am Markt“, fasste Arthur D. Little das Ergebnis zusammen.
EU-Gasmarkt braucht keine weitere Regulatorik
Die vorgeschlagene Ergänzung der Direktive sieht vor, den Gasimport über Pipelines aus Nicht-EU-Ländern stärker zu regulieren. Dadurch könnten sich jedoch laut der beiden Studien rechtliche Herausforderungen ergeben, die künftige Investitionen in die Gasxportinfrastruktur gefährden. Dies könnte sich nachteilig auf die Gasversorgung und damit auch auf die Gaspreise auswirken. Im Frühjahr 2018 erklärte sich Gazprom in Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission dazu bereit, vier verbindliche Richtlinien einzuhalten, um einen Wettbewerbsvorteil für sich auszuschließen. Dies hat laut Studienanalyse von Arthur D. Little erhebliche Auswirkungen auf die EU-Gasversorgungslandschaft und macht die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen überflüssig. Außerdem zeige die Einigung, dass der EU-Gasmarkt auch ohne weitere Regulatorik zunehmend besser funktioniert.
Auswirkungen auf EU-Gasmarkt beachten
Michael Kruse, Partner bei Arthur D. Little und Leiter für Energy & Utilities in Zentraleuropa erklärte: „Die mit Gazprom vereinbarte Regelung hat den Markt, verglichen mit dem Vorschlag zur Änderung der bestehenden Gasmarkt-Direktive, in die richtige Richtung verschoben. Die sich dadurch ergebene Veränderung muss in die laufende Diskussion um den Änderungsantrag der Direktive mit einbezogen werden. Unsere Analyse empfiehlt deshalb, eine detaillierte Folgenabschätzung durchzuführen, um zu prüfen, ob die Anpassung der Direktive überhaupt notwendig ist. Zumindest sollte die Europäische Kommission abwarten, bis sich die Auswirkungen der Gazprom-Regelung bemerkbar machen, bevor weitere Regulierungsmaßnahmen eingeleitet werden.“ Die Änderung der Gasmarkt-Direktive könnten sich auf die Beziehungen zu Nicht-EU-Ländern, die an bestehenden und geplanten Gasversorgungsleitungen beteiligt sind, auswirken. „Sollten Pipeline-Vereinbarungen neu verhandelt werden, lauern nicht nur rechtliche Herausforderungen, auch die Versorgungssicherheit könnte gefährdet sein. Denn die EU ist zunehmend von importiertem Gas abhängig. Dies birgt Risiken für Märkte und Preise“, heißt es bei Arthur D. Little.
Die zwei betreffenden Studien sind hier verfügbar:
The proposed Gas Directive and the EC-Gazprom settlement: http://www.adlittle.com/sites/default/files/viewpoints/adl_gazprom_settlement-compressed.pdf
The Gas Directive amendment and relations with third countries:
http://www.adlittle.com/en/insights/viewpoints/gas-directive-amendment-and-relations-third-countries