Jedes Jahr legt die Europäische Kommission einen Statusbericht zur Energieunion in Europa vor und dokumentiert darin Veränderungen und Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050. In diesem Jahr erschien der Bericht knapp eine Woche vor der UN Klimakonferenz COP26 in Glasgow und am Morgen zur Sitzung der Energierates am 26. Oktober 2021 in Brüssel.

Laut Bericht haben Erneuerbare Energien im Jahr 2020 erstmals fossile Brennstoffe als wichtigste Energiequelle für die Stromerzeugung überholt. Demnach erzeugten sie 38 Prozent des Stroms, verglichen mit 37 Prozent bei fossilen Brennstoffen. „Ich bin überzeugt, dass dieses System nach wie vor das beste System ist, um sauberen, sicheren und erschwinglichen Strom in der gesamten EU zu liefern. Und wir haben heute von vielen Ministern gehört, dass wir keine vorschnellen Entscheidungen treffen sollten. Aber wir können die Preisvolatilität, die wir derzeit erleben, nicht ignorieren und müssen analysieren, was getan werden kann, um diese Risiken in Zukunft zu mindern“, sagte EU-Kommissarin Kadri Simson auf der Pressekonferenz nach dem Energieministertreffen.

Keine Lösung für Energieunion in Europa

Erst einige Tage zuvor hatte die Europäische Kommission eine Toolbox, ein Instrumentarium aus kurz- und mittelfristigen Maßnahmen zur Abmilderung von Effekten durch hohe Energiepreise präsentiert. Auch beim Europarat und aktuell beim Energieministertreffen standen die Energiepreise und das Instrumentarium zur Diskussion. „Es ist wichtig, diese Maßnahmen zu koordinieren, um das reibungslose Funktionieren und die Vorteile unseres gemeinsamen Energiemarktes zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten unterscheiden sich jedoch stark in Bezug auf ihren Energiemix, ihre Steuerpolitik und ihre soziale Lage, so dass es keine Lösung für alle gibt“, gab Simson zu bedenken.

Strommarkt untersuchen

Der Energiepreisanstieg in Europa werde hauptsächlich von steigenden Gaspreisen angetrieben. „Obwohl diese Situation voraussichtlich vorübergehend sein wird, rückt sie die Abhängigkeit der EU von Energieimporten, die auf den höchsten Stand seit 30 Jahren gestiegen ist, und die Bedeutung der Umstellung auf saubere Energie zur Erhöhung der Energiesicherheit der EU in den Mittelpunkt“, heißt es in der Pressemitteilung zum Statusbericht. Von Energiearmut seien nach neuesten Daten bis zu 31 Millionen Menschen in der EU betroffen. Dieses Thema werde angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen von COVID-19 und der aktuellen Preissituation im Fokus bleiben.

„Aus diesem Grund haben wir das Gremium der europäischen Regulierungsbehörden für den Energiemarkt ACER um eine evidenzbasierte Bewertung der Funktionsweise unseres Strommarkts gebeten. Ich habe gestern den Direktor von ACER, Christian Zinglersen, getroffen, um diese Aufgabe zu besprechen“, erläuterte Kommissarin Simson. Bereits Mitte November sollen erste Ergebnisse und im April 2022 eine vollständige Studie vorliegen. Bis dahin werde ACER auch Empfehlungen für die Kommission vorschlagen.

Klimastatus weit weg vom Weg

Auch wenn im Statusbericht die Bilanz zu den Treibhausgasemissionen in der Energieunion in Europa vergleichsweise positiv ausfällt, stieg die Konzentration von CO2 bedrohlich weiter. So gingen im Vergleich zu 2019 die Treibhausgasemissionen der EU27 im Jahr 2020 um fast 10 Prozent zurück, ein beispielloser Rückgang der Emissionen aufgrund der COVID-19-Pandemie, die zu einer Gesamtemissionsreduktion von 31 Prozent im Vergleich zu 1990 führte. Die Weltorganisation für Meteorologie WMO konstatierte indes in ihrem jüngsten Greenhouse Gas Bulletin, dass die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre im letzten Jahr den neuen Höchstwert von 413,2 ppm (Teilchen pro Million Teilchen) erreichte. Dies liege 149 Prozent über dem vorindustriellen Niveau.

„Das Greenhouse Gas Bulletin enthält eine klare, wissenschaftliche Botschaft für die Verhandlungsführer des Klimawandels auf der COP26. Bei der gegenwärtigen Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen werden wir bis zum Ende dieses Jahrhunderts einen Temperaturanstieg erleben, der weit über den Zielen des Pariser Abkommens von 1,5 bis 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegt“, sagte WMO-Generalsekretär Prof. Petteri Taalas. „Wir sind weit vom Weg abgekommen.“