Die Position von Stephen Roach legt nahe, dass es ohne China beim Klimaschutz nicht geht. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage, wie es aussieht, wenn China per Persilschein am Ende den Handel dominiert und der Welt seine Regeln diktiert. Wettbewerb und Wirtschaft verkümmern, weil alle Energie sich dann auf den Erhalt des einen als richtig geltenden Systems richtet.
China liefert
Wer Solarmodule und Elektro-Autos aus China ablehnt, ist gegen den Klimaschutz. Das unterstellt Stephen Roach, als er Ende Mai bei Bloomberg erklärte: „Eine protektionistische Haltung gegenüber einem Land wie China einzunehmen, das einen komparativen Vorteil bei der Herstellung kohlenstofffreier alternativer Energieprodukte hat, die eine Welt im Griff des Klimawandels dringend braucht, ist ein Fehler, möglicherweise von historischem Ausmaß.“
Maßnahmen zum Schutz der eignen Industrie könnten zu einem ewigen Handelskrieg zwischen USA und China führen. Vor allem bliebe der Klimaschutz auf der Strecke. Auch in Europa laufen Anstrengungen, sich der Flut von Solarmodulen und Elektroautos, die China im Überfluss produziert, zu erwehren. Das Klimaschutzargument dürfte für moderate Einfuhrzölle sorgen. Keiner will den roten Drachen reizen.
Solarmodule lösen Gas ab
China ist weltweit führend bei vielen Technologien, die die Energiewende entweder ermöglichen oder vorantreiben werden. Es stellt 80 Prozent der weltweiten Solarmodule und über 85 Prozent der Solarzellen her. Wie China zu dieser Dominanz kam und sich Überkapazitäten schaffte, ist in einem Bericht vom PV Magazin International Anfang Juni nachzulesen.
Ist es nicht mehr das billige, dreckige Gas aus Russland, sollen es jetzt saubere Solarmodule sein, die das Klima retten und vor allem Chinas Wirtschaft aus der Krise bugsieren. Wohin das führen kann, dafür liefert Russland gerade die Steilvorlage.
Wirtschaftliche Grundsätze setzte der russische Präsident Wladimir Putin beim Angriff der Ukraine außer Kraft, um seine eigene Mission zu erfüllen. Erdgas ist eine klimafreundlichere Alternative als Öl oder Kohle, das Putin seinem Bündnispartner Xi Jinping auch zur Lösung von Klimaproblemen anbietet.
Ein System für die Welt
Ebenso verfolgt Xi seine Mission und hat aus historischen Fehlern des Sozialismus gelernt. Der Aufbau der Solarwirtschaft ist ein Gemisch aus privater Initiative und staatlicher Subventionspolitik. Die absolute Planwirtschaft führte seinerzeit in den Konkurs. Doch Freiräume beleben Wettbewerb und Wirtschaft.
Hinzukam der Zugang zu westlichen Technologien, um diese im eignen Land im großen Stil auszurollen. Das beförderte den Aufbau von Gigasolarfabriken nachhaltig, während in Europa Solarhersteller reihenweise in den Konkurs gingen.
Der beschlossene Green Deal in Europa lenkt in China Investitionen und Subventionen. Energieprodukte für den Klimaschutz wirken unverdächtig, um das eigene System in die Welt zu bringen. Der Klimaschutz ist das Instrument, damit das gelingt.
Verspielte Chance
Noch gibt es Spielräume. Ende Mai kündigte der Metallisierungsspezialist Lumet an, dass der Solarhersteller Qcells als erstes Solarunternehmen sein neues Verfahren zur Metallisierung von Solarzellen einsetzen will. Das spart den Einsatz von Silber für die hauchdünnen Kollektoren auf den Solarzellen.
Qcells gehört zur südkoreanischen Hanwha Gruppe und betreibt die größte Solarfabrik in den USA. Dort soll die neue disruptive Technologie, die die Produktionskosten drastischen senken kann, zum Einsatz kommen. Lumet von der israelischen Landa Gruppe veröffentlichte die Pressemitteilung hierzu am 30. Mai neben Englisch auch in chinesischer Sprache.
Was wie ein Ruf zu gewinnbringenden beiderseitigen Geschäften klingt, kann sich, wie es die Geschichte der Solarindustrie zeigt, zu einem Pyrrhussieg auswachsen. Ist die Technologie im Reich der Mitte angekommen, sorgt gelenkte Wirtschaftspolitik dafür, dass Lumet potentielle Gewinne wie aktuell VW später vielleicht wieder einbüßt.
Zusammen mit industriepolitischen Impulsen zum Bau von Solarfabriken könnte diese Technologie in Deutschland Maßstäbe setzen und die Unabhängigkeit befördern. Doch blieben im Solarpaket der Bundesregierung solche Impulse aus. Im harten Standortwettbewerb mit Asien und den USA sei damit „eine Chance für eine Renaissance der Solarindustrie in Deutschland und für mehr Sicherheit bei der Versorgung mit solartechnischen Schlüsselkomponenten verspielt worden“, monierte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) im April 2024.
„Das Solarpaket enthält viel Licht, leider aber auch Schatten.“ Es werde für mehr Solarinstallationen auf Dächern und Freiflächen sorgen. „Klimaschutz, Privathaushalte und Gewerbebetriebe werden profitieren. Heimische Solarmodul-Fabriken gehen jedoch leider weitgehend leer aus,“ sagte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands. Auch der Beschluss des betreffenden Solarpaket 1 im Bundestag und Bundesrat änderte nichts an dieser Sachlage, hieß es auf Nachfrage beim Verband am 3. Juni. So ist das Solarpaket 1 letztlich ein weiterer Schritt in die chinesische Abhängigkeit.