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Russisch-ukrainischer Gastransitpoker

Quelle: Forschungsinstitut für Natürliche Monopole

Der russisch-ukrainische Gastransitpoker nimmt jetzt im November Fahrt auf. Verhandlungsrunden zwischen den Beteiligten unter der Vermittlung der Europäischen Kommission zeitigten noch keine Ergebnisse. Im Gegenteil schaukeln sich die Forderungen auf. Plädiert Russland auf den Verzicht von jeglichen Schiedsgerichtsforderungen, rechnet der ukrainische Gasversorger Naftogaz seine Forderungen an den russischen Gaslieferanten Gazprom hoch. Die Rede ist hier von 12 bis 22 Milliarden US-Dollar. Eine Klage reichte Naftogaz kürzlich beim Schiedsgericht ein, die an Gazprom eine Forderungssumme von 12 Milliarden US-Dollar vorsieht.

Gazprom-Chef Alexej Miller machte auf einem Arbeitstreffen mit dem Beauftragten der deutschen Bundesregierung für den Gastransit durch die Ukraine, Georg Graf Waldersee, darauf aufmerksam, dass vor dem Abschluss eines neuen Transitvertrags eine Reihe grundlegend wichtiger Fragen gelöst werden müsse. Dazu gehörten Rechtsstreitigkeiten und der Verzicht auf gegenseitige Forderungen durch Gazprom und Naftogaz. Es gehe auch darum, die Entscheidung des Antimonopolkomitees der Ukraine über die Verhängung einer Geldbuße gegen Gazprom wegen angeblichen Missbrauchs des Monopols auf dem Gastransitmarkt der Ukraine aufzuheben und die Eigentumsrechte des Unternehmens im Land wiederherzustellen, teilte Gazprom am 6. November 2019 zum Arbeitsreffen in St. Petersburg mit.

Darüber hinaus machen mögliche Abschläge beim Gaslieferpreis für die Ukraine wie seinerzeit vor dem russischen Gaslieferstopp im Januar 2009 die Runde. Er dauerte 20 Tage bis zum Abschluss des neuen Liefer- und Transitvertrages, der zum kommenden Jahresende ausläuft. Ein Blick zurück zeigt, wie erleichtert die Vertreter aus Politik und Wirtschaft waren, als Gazprom die Lieferungen über die Ukraine nach dem Vertragsabschluss wieder aufnahm. Während die russische und ukrainische Seite 2006 in vier Tagen einen Kompromiss fanden, brauchten sie drei Jahre später die fünffache Zeit, um sich auf Lieferpreis und Transitgebühr zu einigen. Die nächste Konsultationsrunde auf Expertenebnen zwischen hochrangigen russischen, ukrainischen und europäischen Vertretern soll russischen Agenturen zufolge am 8. November 2019 stattfinden. Zum Monatsende ist geplant, die Verhandlungen zum Gastransit unter EU-Vermittlung fortzuführen.

Momentan ist der Gastransitpoker offen. Einigung und fortlaufende Konfrontation inklusive Lieferstopp sind möglich. Um den Bedarf in Europa zu decken, ist Russland auf den Gastransit über die Ukraine angewiesen. Auch mit den neuen Gasleitungen Nord Stream 2 und Turkish Stream im Schwarzen Meer ändert sich daran nichts, zeigten jüngst Forscher des Moskauer Instituts für Natürliche Monopole IPEM im November. Lediglich die Auslastungsquote ändert sich. Waren 2018 alle Gasleitungen, die russisches Gas nach Europa und in die Türkei transportieren, zu 90 Prozent ausgelastet, verringert sich die Auslastung mit den zwei neuen Gasleitungen auf 76 Prozent, sofern der Gasexport maximal auf 235 Milliarden Kubikmeter steigt. Im letzten Jahr exportierte Gazprom nach Europa und in die Türkei rund 201 Milliarden Kubikmeter Gas.

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