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Solare Vollbremsung torpediert Klimaziele

Klimaziele mit Sonnenstrom erreichen
Quelle: BSW Solar

Industrie, Handel und Marktforscher warnten vor gesetzlichen Einschnitten bei der Solartechnik und negativen Folgen auf die Klimaziele. „Bei einer Umsetzung der derzeitigen Regierungspläne zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werde die Errichtung einer eigenen Solarstromanlage für viele Unternehmen unattraktiv“, heißt es beim Bundesverband Solarwirtschaft BSW Solar am 3. November 2020. Künftig könnten weniger Unternehmer von der Möglichkeit Gebrauch machen, klimafreundlichen Solarstrom vom eigenen Firmendach zu ernten.

Ergebnisse einer Kurzstudie vom Marktforscher EuPD im Auftrag des BSW Solar zeigten, dass bis 2030 für die Solarwirtschaft in diesem Zusammenhang ein Schaden in Höhe von über drei Milliarden Euro entstünde. Dazu fielen Gesundheits- und Klimafolgeschäden in Höhe von 4,5 Milliarden Euro durch damit verbundene Einschnitte beim Klimaschutz an. In Summe führe der vorliegende Regierungsentwurf zum EEG 2021 zu einem Investitionsrückgang bei gewerblichen Solardächern und einem damit verbundenen Schaden von knapp 8 Milliarden Euro bis 2030.

Marktdämpfer bei PV-Zubau

Sollte es zu keinen Nachbesserungen im Gesetzentwurf kommen, erwarten die Bonner Marktforscher einen Marktdämpfer für den Photovoltaikzubau in Höhe von 4,2 Gigawatt bis zum Jahr 2030.  Als Ursache dafür sehen sie die Pläne zur Umstellung des Fördersystems auf Ausschreibungen für neue Photovoltaikdächer oberhalb einer Leistungsklasse von einem halben Megawatt. Neben der Solarwirtschaft kritisierten dies auch der Deutsche Industrie und Handelskammertag, die Verbraucherzentrale Bundesverband, der Verband kommunaler Unternehmen, der Verband der mittelständischen Wirtschaft, der Handelsverband Deutschland, der Verein Deutscher Ingenieure und der Mittelstandsverbund.

Auch die Energie- und Umweltminister der Länder hätten jüngst mehrheitlich die Empfehlung beschlossen, die Größengrenze für Solardach-Auktionen bei 750 kWp zu behalten. Dabei wiesen sie ebenfalls auf die drohenden Markteinbrüche in diesem zentralen Marktsegment der Photovoltaik hin. Nach den Vorstellungen des Bundeswirtschaftsministeriums sollen größere neue Solardächer künftig nur noch Marktprämien erhalten, wenn sie erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben. Der anteilige Eigenverbrauch des selbst erzeugten Solarstroms, für viele Unternehmer der eigentliche Grund zur Investition in eine Solaranlage, werde in diesem Zusammenhang gesetzlich unterbunden.

Die Marktforscher erwarten auf dieser Grundlage bereits im kommenden Jahr einen Einbruch der jährlich neu installierten Solarstromleistung auf größeren Gewerbedächern um zwei Drittel. Dr. Martin Ammon, Autor der Studie erklärt: „Anders als bei ebenerdigen Solarparks sind Auktionen im Gebäudesektor kein geeignetes Instrument zur Vergabe von Marktprämien. Wir sehen ein hohes Risiko der Unterzeichnung, da Gebäudeeigentümer die Teilnahme an Auktionen als zu aufwändig scheuen werden und diese mit Bauplanungsprozessen zeitlich nicht in Einklang zu bringen sind.“ Dies belegen auch negative Erfahrungen aus Frankreich.

Gewerbedächer für Klimaziele bereit

Antje Gerstein, Geschäftsführerin des Handelsverbands Deutschland macht deutlich, dass viele Einzelhändler große ungenutzte Dachflächen ihrer Firmengebäude und Logistikzentren für die Stromerzeugung nutzen und dadurch zum Erreichen der Klimaziele beitragen wollen. „Die aktuellen Regierungspläne würden der wachsenden Investitionsbereitschaft unserer Unternehmen jedoch ein jähes Ende setzen, weil es schlicht nicht attraktiv wäre und die Auktionierung die Planungssicherheit zusätzlich erschwert. Eine Anhebung des Schwellenwertes der Auktionspflicht auf 1 MW hingegen könnte dem Ausbau von großen PV-Anlagen im Einzelhandel einen wichtigen Schub verleihen. Bereits heute sind im Einzelhandel über 1 Mio. m² PV-Fläche verbaut, jedoch hauptsächlich durch kleinere Anlagen.“

Für das laufende Jahr erwartet der BSW im betroffenen Marktsegment eine installierte Photovoltaikleistung auf Vorjahresniveau in Höhe von rund 800 Megawatt. Ab 2021 und 2022 sollen hingegen nur noch jeweils 250 Megawatt im Jahr ausgeschrieben werden. „Diese solare Vollbremsung ist mit den Klimazielen und der Energiewende unvereinbar. Sie stößt tausende Unternehmer vor den Kopf, die ihre Stromversorgung künftig mit Hilfe der Solartechnik klimafreundlicher gestalten wollen“, kritisiert BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.