Die Übertragungsnetzbetreiber bildeten mögliche Szenarien für die Netzentwicklungsplanung im Strombereich bis zu den Jahren 2035 und 2040 ab, informierte die Bundesnetzagentur am 17. Januar 2020. Der dementsprechende Entwurf sei nun zur Konsultation freigegeben. „Der Szenariorahmen ist die Planungsgrundlage, um zu ermitteln, wieviel Netzausbau notwendig ist. Er berücksichtigt die jüngst beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung“, sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. „Bürger, Verbände, Unternehmen und Behörden können sich an der Konsultation in den nächsten vier Wochen beteiligen. Damit kann die Öffentlichkeit schon zu einem frühen Zeitpunkt Einfluss auf die Netzentwicklungsplanung nehmen.“
Die jetzige Konsultation endet am 14. Februar 2020. Zum Entwurf des Szenariorahmens veröffentlichte die Bundesnetzagentur ein Begleitdokument, das Hinweise enthält, zu welchen Themen sich die Behörde im Rahmen der Konsultation konkrete Informationen und Stellungnahmen erhofft. Während des Konsultationszeitraums finden am 05. Februar 2020 in Berlin und am 06. Februar 2020 in Nürnberg Dialogveranstaltungen statt, um mit der Öffentlichkeit den Entwurf des Szenariorahmens zu diskutieren.
Drei Szenarien
Alle zwei Jahre legen die Übertragungsnetzbetreiber einen Szenariorahmen zur Entwicklung des Stromsektors vor. Im aktuellen Entwurf schlagen 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet drei Szenarien vor, die die Energiewende mit unterschiedlich starken Ausprägungen der Sektorenkopplung und einer unterschiedlichen Netzorientierung von Erzeuger- und Verbraucherverhalten berücksichtigen. Dabei orientieren sie sich an den aktuell geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und energiepolitischen Zielen der Bundesregierung, wie z. B. die Ausbauziele für Erneuerbare Energien im Bundes-Klimaschutzgesetz und die CO2-Reduktionsziele des Klimaschutzprogramms 2030.
Steigender Stromverbrauch
In allen drei Szenarien rechnen die Übertragungsnetzbetreiber angesichts zunehmender Sektorkopplung durchweg mit einem höheren Bruttostromverbrauch. 638 bis 729 Terrawattstunden sollen es 2035 sein, während es 595 Terrawattstunden 2018 waren. Hier wirke sich die zunehmende Elektrifizierung im Wärmesektor (Wärmepumpen) und beim Verkehr (E-Autos) aus. Auch der zu erwartende Einstieg in Power-to-X-Technologien werde sich bemerkbar machen. Ebenso zeigten Dekarbonisierungsbestrebungen in der Industrie und ein Mehrbedarf an IT-Rechenleistung durch fortschreitende Digitalisierung Wirkung. Hinzu komme sowohl der endgültige Ausstieg aus der Kernenergie Ende 2022 als auch der Abschied von der Kohle 2038.
Mindestens doppelte Ökostromleistung
Neue Entwicklungen bei der Flexibilisierung von Stromanwendungen durch Steuerung des Verbraucherverhaltens, variabler Betrieb von KWK-Anlagen sowie der Einsatz von Batteriespeichern der unterschiedlichsten Leistungsklassen sorgten darüber hinaus für mehr Stromverbrauch. Die regionale Verteilung auf der Erzeugungs- und Verbrauchsseite spiele in den Kalkulationen ebenfalls eine Rolle. Bis 2035 gehen die Übertragungsnetzbetreiber von einer installierten Ökostromleistung zwischen 235.000 Megawatt und 276.000 Megawatt aus, d.h. mindestens doppelt soviel wie 2018 mit 116.000 Megawatt. Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch würde damit bei 73 bis 77 Prozent liegen.