Der Kohleausstieg kommt 2030 zu spät, um die neuen Klimaziele zu erreichen, berechneten Experten von Energy Brainpool in Strommarktszenarien. Im aktualisierten Klimaschutzgesetz der Bundesregierung soll die Energiewirtschaft bis 2030 ihre Emissionen auf 108 anstatt bisher 175 Mt CO2-Äquivalente senken.
Grundsätzlich müssten alle Sektoren wie Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft, ihre Emissionen senken. Doch die Energiewirtschaft, maßgeblich geprägt von der öffentlichen Strom- und Wärmeerzeugung, müsse bis 2030 die stärksten Emissionsminderungen schaffen. Schließlich werde sie durch die zunehmende Sektorenkopplung und Elektrifizierung der Wirtschaft immer mehr zum Hauptakteur, um in anderen Sektoren Emissionen zu reduzieren.
In zwei Szenarien analysierten die Experten, welche Anpassungen der Kraftwerkspark zur Strom- und Wärmeversorgung durchlaufen muss, um Emissionen im neuen erforderlichen Umfang reduzieren zu können. Insbesondere verfügt ihrer Ansicht die Stromerzeugung über großes Potential.
Kohleausstieg bereits 2029
So setzten sie im ersten Schritt bei den emissionsintensivsten Kraftwerken an. Würden demnach Braunkohlekraftwerke bereits 2029 aus dem Markt gehen und stattdessen teilweise andere Technologieoptionen zum Einsatz kommen, sänken die Jahresemissionen bereits auf 118 Mt CO2-Äq.Steinkohle ginge in diesem Szenario erst 2038 vom Netz.
Zusätzlich müsse der Zubau von Wind- und Solarkraftwerken stärker vorangetrieben und ein Erneuerbaren Energien-Anteil von 75 statt 65 Prozent erreicht werden. Rund 11 Gigawatt an Flexibilität aus Speichern, Demand-Side-Management (DSM), der Netzreserve oder zusätzlichen Gaskraftwerken trotz Stromimportmöglichkeiten nötigt, um die Versorgungssicherheit in jeder Stunde zu gewährleisten. Dann ließe sich das Sektorziel von 108 Mt erfüllen.
Ein Ausscheiden aller Braun- und Steinkohlekraftwerke aus dem Markt bis 2029, würde indes die erforderliche Emissionsreduktion bei einem Anteil der Erneuerbaren Energien von 65 Prozent ermöglichen.
„Um einen schnelleren Kohleausstieg kommen wir nicht herum“, lautet daher die Schlussfolgerung. Beim vollständigen Kohleausstieg bis 2029 müssten Speicher, DSM und Netzreserve 16 Gigawatt und somit 5 Gigawatt abdecken. Der Rest werde jeweils durch zusätzliche Gaskraftwerksleistung bereitgestellt.
„Da sich die Zeiträume mit diesem erhöhten Bedarf in unseren Beispielszenarien auf wenige Stunden beschränken, könnten Speicher oder DSM hier sogar eine noch stärkere Rolle spielen. Dies würde die Emissionen (aus Gaskraftwerken) weiter reduzieren. Für genauere Aussagen zu Umfang und Art der benötigten Flexibilitäten bedarf es einer weiterführenden Untersuchung“, Michael Claußner von Energy Brainpool.