Start Erneuerbare Energien Energiewende braucht Realismus statt Wunschdenken

Energiewende braucht Realismus statt Wunschdenken

Quelle: Westfälische Hochschule

Es ist Zeit für ein Ablösen des Wunschdenkens in der Energiewende durch Realismus. Zu diesem Ergebnis kommen sieben Professoren des Westfälischen Energieinstituts in ihrem aktualisierten und erweiterten Positionspapier unter dem Titel Energie- und Klimawende zwischen Anspruch, Wunschdenken und Wirklichkeit – Umsetzungspfade. Darin setzen sich die Professoren Heinz-Josef Bontrup, Ralf-Michael Marquardt, Markus Löffler, Michael Brodmann, Christian Fieberg, Andreas Schneider und Andreas Wichtmann mit der Energiepolitik aus technischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Perspektive kritisch auseinander.

Technisch zu wenig und ökonomisch naiv

Technische Vorgaben der Bundesregierung reichten nicht, um die deutschen Klimaziele einzuhalten und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dafür müssten bis 2045 über 100 TWh an Wasserstoffspeichern, mehr als 700 TWh an grünen Wasserstoffimporten sowie mindestens 100 GW an Backup-Kraftwerken realisiert werden.

Aus ökonomischer Sicht sei die Hoffnung, allein die Märkte in Verbindung mit einer CO2-Bepreisung würden zu einer effizienten Organisation der EW führen, naiv. Trotz ordnungspolitischer Bedenken seien Industriestrompreise, Differenzverträge und grüne Leitmärkte – allerdings in sehr restriktiver Handhabung zu ergänzen.

Energiewende mit verschiedenen Lasten

Energiewende erfordert laut Positionspapier private und staatliche Investitionen in Höhe von ca. 90 Milliarden Euro im Jahr, die die Autoren für sich genommen als stemmbar ansehen. Jedoch ständen diese mit unterinvestierten Bereichen wie öffentliche Infrastruktur, Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit und Digitalisierung mit zusätzlich mindestens 250 Milliarden Euro im Jahr im Wettstreit. Die Hoffnung auf eine Finanzierung durch Wirtschaftswachstum halten sie für Wunschdenken. In Summe stoße Deutschland auch vor dem Hintergrund der Alterung an die Grenzen des Machbaren. Ohne Prioritäten gehe es nicht.

Auch wenn die Finanzierung gesamtwirtschaftlich darstellbar wäre, gefährde ein „weiter so“ mit Blick auf die Lastenverteilung den sozialen Frieden massiv. Um die unteren Einkommensgruppen durch die Energiewende nicht zu überfordern, sei eine Umverteilung des Einkommens und des Vermögens unumgänglich. Auch Staatsschulden entweder durch die Auflage eines Sondervermögens oder durch die Abschaffung der jetzigen Schuldenbremse seien nötig. Angesichts dessen warnt Hauptautor Prof. Heinz-J. Bontrup: „Ein zwingend notwendiger Masterplan der Bundesregierung ist nicht erkennbar. Wir schlingern in eine Energiewende, die gesellschaftlich und wirtschaftliches Stückwerk ist. So kann Deutschland vor der Welt sicher nicht als Klimaschutzvorbild auftreten.“

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