Die Agrophotovoltaik richtet sich auf eine ökologische und ressourceneffiziente Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen zur Nahrungsmittelproduktion und zur Energieerzeugung in besonders niederschlagsarmen Gebieten. In einem praxisorientierten Forschungsprojekt entwickelt und testet das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE derzeit die neue Systemtechnik. Hierbei werden schattentolerante Kulturen wie Leguminosen, Bohnen, Zwiebeln, Gurken, Zucchini, Salat oder Kartoffeln unter Photovoltaikmodulen angebaut. Diese sind fünf bis acht Meter hoch aufgeständert und sind nicht nach Süden, sondern nach Südosten und Südwesten ausgerichtet, um so eine gleichmäßigere Sonneneinstrahlung zu erreichen. Zudem ist der Abstand zwischen den Modulreihen um 30 Prozent größer als bei herkömmlichen PV-Anlagen, damit ausreichend Sonneneinstrahlung durchkommt. Auf diese Weise soll ein gleichmäßiges Pflanzenwachstum gefördert und somit eine effiziente Ernte ermöglicht werden. „Verwendet werden zudem sogenannte bifaciale Solarmodule, die das Licht auf beiden Seiten auffangen“, erklärt ISE Forscher Stephan Schindele.
Türkei an Agrophotovoltaik interessiert
Derzeit läuft ein Feldtest auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Baden-Württemberg an. Vor allem in den ariden Regionen des Nahen und Mittleren Ostens besteht nach Einschätzung von Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, ein großes Potenzial für die neue Systemtechnik. „Die Agrophotovoltaik kann mit dem Schaffen neuer landwirtschaftlicher Flächen einen wichtigen Beitrag zur Armutsbekämpfung und damit zur Verringerung der Flüchtlingsströme leisten“, sagt der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete. Jordanien und die Türkei äußerten bereits Interesse an der Durchführung dementsprechender Pilotprojekte. Auf der 22. Internationalen Energie- und Umweltmesse und Konferenz ICCI, die vom 27. bis 29. April 2016 in Istanbul stattfindet, soll nun die neue Technik im Rahmen einer Fachkonferenz vorgestellt werden. Für die Forscher vom Fraunhofer Institut ISE bietet Agrophotovoltaik einen Lösungsansatz, der Landnutzungskonkurrenz zwischen Nutzpflanzen und Anlagen zur Solarstromproduktion und damit dem Interessenkonflikt zwischen Nahrungsmittel- und Energiesicherheit entgegen zu wirken. Die Erträge aus Photovoltaik und Photosynthese auf ein- und derselben Fläche können ihrer Ansicht nach optimiert werden. Erste Studien legten nahe, dass bestimmte Feldfrüchte, wie z.B. Kartoffeln oder Salat, mit verringerter Sonneneinstrahlung sogar besser wachsen.