Worauf es beim massenhaften Produktionsstart von Batterien in Europa ankommt, erklärte Dr. Heiner Heimes, geschäftsführender Oberingenieur des Lehrstuhls „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen jüngst im Interview mit Solar Promotion, Veranstalter der Electrical Energy Storage ees Europe in München. Im europaweit ersten „Battery Atlas“ seines Lehrstuhls hat er erarbeitet, wie Zellhersteller, Modul- und Packproduzenten, Zulieferer von Anlagen und Batterie-Aktivmaterial sowie Recycling-Unternehmen und Batterietestzentren aufgestellt sind, wohin die Reise gehen wird, und wo noch Nachholbedarf besteht.
Europa als Hotspot für Batterien
Grundsätzlich sei es äußerst anspruchsvoll, Lithium-Ionen-Batterien zu entwickeln, da diese viele verschiedene Kompetenzen voraussetzten und die Lithium-Ionen-Batterieindustrie sehr schnell wachse und voranschreite. „Europa hat sich in den vergangenen Jahren vor allem darauf konzentriert, den Wissensrückstand gegenüber dem asiatischen Raum zu verringern – durchaus mit Erfolg! Jetzt wird es immer wichtiger, alle diejenigen Herausforderungen zu meistern, die sich aus dem Hochlauf der Produktion unterschiedlicher Batteriezellenserien ergeben“, so Heimes. Der „Battery Atlas“ verdeutliche, dass Europa sich zu einem internationalen Hotspot für Industrie und Branchen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Lithium-Ionen-Batterie entwickle.
So soll das Fertigungsvolumen in Europa von 2020 mit knapp 25 Gigawattstunden bis 2030 auf gut 1.300 Gigawattstunden steigen. Damit wächst die Produktionskapazität Heimes zufolge um den Faktor 50. Doch nicht nur europäische Unternehmen planten neue Batteriezellfabriken. Ungefähr 60 Prozent entfielen auf Produzenten und Akteure aus Europa, womit ein großer Teil der geplanten Produktionsvolumina von anderen Unternehmen umgesetzt werde, vor allem aus Asien. Die Projekte zur Batteriefertigung der asiatischen Unternehmen seien tendenziell deutlich größer als die von europäischen Unternehmen.
Rohstoffe und Recycling
„Aktuell haben wir ausreichend Rohstoffe für die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen“, bekräftigte Heimes. Da mehr als 70 Prozent der Zellkosten inzwischen auf die Materialien entfallen, können wir einen generellen Trend hin zu besser verfügbaren und damit auch kostengünstigeren Zellmaterialien beobachten.“ Beispielhaft dafür sei Kobalt, das mit Kosten von derzeit etwa 50.000 Euro pro Tonne zu Buche schlage und daher als Kathodenmaterial zum Großteil durch Nickel ersetzt werde. „Wurden früher Nickel, Mangan und Kobalt im Verhältnis eins zu eins zu eins als Kathodenmaterial mit der entsprechenden Bezeichnung „NMC-111“ eingesetzt, geht der Trend heute hin zu kobaltfreien Zellen, auch bekannt unter der Abkürzung „NMX“ beziehungsweise „NMC-910“, erläuterte der Batteriexperte Heimes.
Deutlich problematischer sei, dass einzelne Rohstoffe nur in wenigen Regionen der Welt abgebaut würden. Hier sei effiziente Kreislaufwirtschaft gefragt. Dazu schreite die Erforschung neuer Zellmaterialien zügig voran. So ließen sich bei Natrium-Ionen-Batterien durch gut verfügbare Rohstoffe die Zellkosten gegenüber der Lithium-Ionen-Batterie deutlich senken. Zugleich komme beim Batterie-Recycling einige Bewegung in den Markt, nachdem es anfänglich darum ging, die Fahrzeuge überhaupt erstmal auf die Straße zu bringen. Inzwischen gebe es mehr Marktteilnehmer. Dennoch hinke die Größe der Recycling-Fabriken und der damit korrelierende Invest deutlich hinter dem des Produktionsbereichs her. „Das wird sich im Laufe des Jahrzehnts allerdings ändern, und wir werden auch im zweiten Teil des Batterie-Lebenszyklus mehr Gigafabriken für „Re-X“ sehen – also für Re-Use, Remanufacturing und Recycling“, so Heimes zu künftigen Entwicklungen.