Erneuerbare Energien sind zunehmend günstiger als neue Stromkapazitäten von Kohlekraftwerken. Das geht aus einem neuen Bericht der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) von Anfang Juni 2020 hervor. Der Bericht Kosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien 2019 zeigt, dass mehr als die Hälfte der Kapazitäten aus erneuerbaren Energien, die im letzten Jahr hinzu kamen, niedrigere Stromkosten aufweisen als die der günstigsten neuen Kohlekraftwerke.
Ebenso unterbieten laut Bericht neue Projekte zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen immer mehr bestehende Kohlekraftwerke preislich. Im Durchschnitt kosteten neue Photovoltaik- und Windenergieanlagen an Land weniger als die Betriebserhaltung zahlreicher bestehender Kohlekraftwerke. Auktionsergebnisse deuteten auf eine Beschleunigung dieses Trends hin, was für einen vollständigen Ausstieg aus der Kohle spreche. Im nächsten Jahr könnte der Betrieb von bis zu 1.200 Gigawatt bestehender Kohlekapazitäten teurer sein als neue Solar PV-Großanlagen.
„Zäsur in der Energiewende“
„Wir haben eine Zäsur in der Energiewende erreicht. Neue Kohlekraftwerke und ein Großteil der bestehenden Kohleverstromung sind sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen“, schlussfolgerte daraus Francesco La Camera, Generaldirektor von IRENA. „Erneuerbare Energien kristallisieren sich zunehmend als günstigste Quelle für neue Stromkapazitäten heraus und bieten ein enormes Potenzial zur Ankurbelung der Weltwirtschaft und Schaffung von Arbeitsplätzen. Investitionen in erneuerbare Energien sind stabil, kosteneffektiv und attraktiv, bieten konsistente und kalkulierbare Renditen und nutzen der Wirtschaft insgesamt.“
Der Umstieg von den teuersten 500 GW Kohlekraftkapazitäten zu Solar- und Windenergie an Land im nächsten Jahr würde die Stromsystemkosten jedes Jahr um bis zu 23 Milliarden US-Dollar senken und die jährlichen Emissionen um rund 1,8 Gigatonnen Kohlendioxid (CO2) reduzieren, was 5 Prozent des gesamten weltweiten CO2-Ausstoßes im Jahr 2019 entspricht. Es würde sich ebenfalls ein Investitionsanreiz in Höhe von 940 Milliarden US-Dollar ergeben, was etwa 1 Prozent des globalen BIP ausmacht.
Erneuerbare Energien mit rückläufigen Kosten
Die Kosten für Strom aus erneuerbaren Energien sind dem Bericht zufolge in den letzten zehn Jahren aufgrund von optimierten Technologien, Skaleneffekten, zunehmend wettbewerbsfähigen Lieferketten und wachsenden Erfahrungen in der Projektentwicklung stark gesunken. Dementsprechend sanken die Stromgestehungskosten für Photovoltaik seit 2010 um 82 Prozent, bei solarthermischen Kraftwerken um 47 Prozent, der Windenergie an Land um 39 Prozent und der Windenergie auf See um 29 Prozent.
Auch die Kosten für Solar- und Windenergietechnologien gingen im Vergleich zum Vorjahr weiter zurück. Die Stromkosten für PV-Großanlagen fielen 2019 im Jahresvergleich um 13 Prozent auf 6,8 Cent (0,068 US-Dollar) je Kilowattstunde (kWh). Bei Windenergieprojekten an Land und auf See wurde eine Senkung um ca. 9 Prozent auf 0,053 US-Dollar je kWh bzw. 0,115 US-Dollar je kWh verzeichnet. Die jüngsten Auktionen und Stromlieferverträge zeigten zudem, dass sich der Abwärtstrend bei der Inbetriebnahme neuer Projekte im Jahr 2020 und danach fortsetzt.
„Die Strategie zur weltweiten wirtschaftlichen Erholung muss grün sein“, unterstrich La Camera. „Erneuerbare Energien bieten die Möglichkeit, kurzfristige politische Maßnahmen mit mittel- und langfristigen Energie- und Klimazielen in Einklang zu bringen. Erneuerbare Energien müssen das Rückgrat der nationalen Bemühungen zur Wiederbelebung der Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie bilden. Mit der richtigen Politik können sinkende Kosten für erneuerbare Energien eine Verlagerung der Märkte bewirken und einen wichtigen Beitrag zu einem grünen Aufschwung leisten.“