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Grünes Licht für regionale Wasserstoffwirtschaft

Quelle: Westküste100

Das Projektkonsortium Westküste100 rückte seinem Ziel, eine regionale Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab aufzubauen, entscheidend näher. Dementsprechend ging jetzt im August vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Zusage und den Förderbescheid, im Rahmen des Programms „Reallabore der Energiewende“ das erste Wasserstoff-Projekt Deutschlands zu werden, ein. Das bewilligte Fördervolumen zum Projektstart am 1. August 2020 beträgt 30 Millionen Euro. In Summe beläuft sich das Investitionsvolumen für das Projekt auf 89 Millionen Euro.

Das auf fünf Jahre angelegte Projekt kann nun mit der Zusage des Förderbescheids in die erste Phase starten. Das neu gegründete Gemeinschaftsunternehmen H2 Westküste GmbH aus EDF Deutschland, Ørsted und der Raffinerie Heide, soll zunächst einen 30-Megawatt-Elektrolyseur errichten. Dieser soll aus Offshore-Windenergie grünen Wasserstoff produzieren und dabei Erkenntnisse zu Betrieb, Wartung, Steuerung und Netzdienlichkeit der Anlage liefern.

Dr. Jörg Bergmann, CEO bei Open Grid Europe erklärte hierzu: „Mit dem Zuwendungsbescheid sind wir unserem Projektziel, reinen Wasserstoff in einer zum Gasversorgungsnetz gehörenden Leitung zu transportieren, einen großen Schritt nähergekommen. Jetzt gilt es, dieses einmalige Energiewendeprojekt schnellstmöglich umzusetzen.“ Genehmigungsrechtliche und regulatorische Hürden seien zu nehmen, um im nächsten Jahr die finale Investitionsentscheidung für den Baustart treffen zu können.

Michael Riechel, Vorsitzender des Vorstandes der Münchner Thüga betonte: „Unser Fernziel ist eine H2-Quote im Gasnetz von bis zu 100 Prozent bis 2050. Mit dem Testlauf einer Wasserstoff-Beimischung von bis zu 20 Prozent in einem Netzabschnitt mit über 200 Haushaltskunden schaffen die Thüga und die Stadtwerke Heide einen konkreten Präzedenzfall – von den Ergebnissen profitieren die knapp 100 kommunalen Versorger der Thüga-Gruppe auf ihrem Weg zu dekarbonisierten Gasnetzen.“

Wasserstoffwirtschaft durch Verzahnung

Zehn Partner gehören dem Konsortium Westküste100 an. EDF Deutschland, Holcim Deutschland, OGE, Ørsted Deutschland, Raffinerie Heide, Stadtwerke Heide, Thüga und thyssenkrupp Industrial Solutions wollen mit der Entwicklungsagentur Region Heide und der Fachhochschule Westküste die regionale Wasserstoffwirtschaft aufbauen. Gemeinsam planen sie, grünen Wasserstoff zu produzieren, diesen im Gasnetz zu transportieren, in industriellen Prozessen zu nutzen und unterschiedliche Stoffkreisläufe innerhalb einer bestehenden Infrastruktur zu verzahnen. Dies soll zur Dekarbonisierung von Industrie, Mobilität und Wärmemarkt und somit zum Klimaschutz beitragen.

Die Verzahnung unterschiedlicher Sektoren innerhalb einer bestehenden regionalen Infrastruktur gilt als das Besondere und Innovative im Projekt. Dazu ist geplant, grünen Wasserstoff in den bestehenden Prozess der Raffinerie Heide einzubinden und dadurch grauen Wasserstoffs zu ersetzen. Außerdem sollen Teile des erzeugten Wasserstoffs über eine neu zu errichtende Wasserstoffpipeline zu den Stadtwerken Heide zur Übernahme in das Erdgasnetz transportiert werden. In einem weiteren Schritt soll eine Wasserstofftankstelle beliefert werden. Alles dies ist Grundlage für die nächsten Skalierungsschritte bis hin zum Bau einer 700-MW-Elektrolyse-Anlage.

„700-MW-Elektrolyse – dies ist unsere Vision und der nächste Meilenstein zur Umsetzung der in der Nationalen Wasserstoffstrategie festgelegten Ausbauziele bis 2030“, so Jürgen Wollschläger, Geschäftsführer der Raffinerie Heide und Koordinator des Projekts Westküste100. „Ab heute werden die Westeküste100 Partner gemeinsam an dieser grünen Zukunft arbeiten und ein ökologisch wie ökonomisch nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen. Wir verstehen die Energiewende sektorenübergreifend. Indem Industrie, Wissenschaft und Politik an einem Strang ziehen, wird unsere 700-MW-Vision Realität werden.“

Wasserstoff für Treibstoff

Für die perspektivische Treibstoffherstellung ist vorgesehen, Wasserstoff aus der Elektrolyse und unvermeidbares CO2 aus der regionalen Zementproduktion in Schleswig-Holstein für den Herstellungsprozess einzusetzen. Im Rahmen der ersten Projektphase von Westküste100 wird demnach die Umstellung des Zementwerkes Lägerdorf auf ein umweltfreundlicheres Verbrennungsverfahren (Oxyfuel) vorbereitet. Für Thorsten Hahn, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung Holcim (Deutschland) ist daher die Förderzusage ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Zementproduktion.

„Wir freuen uns, unsere Kompetenzen in der Herstellung von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse sowie in der Nutzbarmachung von CO2 als Rohstoff für grünes Methanol in dieses großartige Projekt einzubringen. Es wird dazu beitragen, die führende Rolle der deutschen Industrie bei Wasserstofftechnologien weiter zu stärken“, unterstrich Sami Pelkonen, CEO Chemical & Process Technologies bei thyssenkrupp.